Tzachee Groupper gewann am 22. September 2016 den Titel Mr. Leather Israel in Tel Aviv. Hier spricht er mit Tyrone Rontganger über seine Träume, Sex in Lederkluft und die heißen Sommernächte in Israels schwulster Stadt.
BOX: Warum wolltest du Mr. Leather Israel werden?
Tzachee: Ich hatte von dem Titel immer heimlich geträumt und wollte ihn unbedingt gewinnen, aber ich traute mich einfach nicht! Für mich war das nichts mehr als eine Fantasie und es wäre auch eine geblieben, wenn mich keiner dazu angetrieben hätte.
BOX: Oh, das hört sich sehr geheimnisvoll an …!
Tzachee: *lacht* Der Produzent der Mr. Leather-Israel-Wahl hat Kandidaten unter den Lederkerlen in Israel aktiv gesucht. Er muss Dutzende Ledertypen angesprochen haben und er fragte mich auch, ob ich Interesse daran hätte. Anfangs habe ich abgelehnt, wie viele Andere. Ich hatte so viele Gründe, warum es nichts für mich war: Israel ist ein kleines, konservatives Land und ich hatte Angst, dass meine Kollegen dahinter kommen oder dass die Leute im Supermarkt über mich tratschen würden. Oder auch, dass meine Familie am Esstisch plötzlich nichts mehr zu sagen hätte! Die Wahl bedeutete für mich ein zweites Coming-Out, aber dieses Mal in Fetisch, und ich war damals noch nicht so weit.
BOX: Und trotzdem hast du dich für die Wahl gemeldet!
Tzachee: Ja, aber es war kein leichter Schritt für mich. Die Kandidaten im vorherigen Jahr sahen alle irgendwie aus wie die heißesten, geilsten Pornostars und ich fühlte mich klein und unattraktiv dagegen! Der Veranstalter hat mich aber immer wieder ermutigt, denn es geht nicht darum, wie man aussieht, sondern eigentlich um das Leder! Ich bin ein Lederkerl, stehe dazu und bin seit Jahren in voller Montur auf den schwulen Datingportalen wie Grindr oder Recon zu finden, wo ich im Gegensatz zu vielen anderen Israelis mein Gesicht nie versteckt habe. Ich überlegte ein paar Tage und dann stimmte ich zu.
BOX: Diese beiden Aussagen klingen etwas widersprüchlich! Du sagst, du hattest Angst vor Tratsch, aber auch dass du dich in deinem Fetisch nicht verstecken willst …
Tzachee: Wenn es um Cruising-Seiten und -Apps geht, dann dürfen alle gerne wissen, was ich suche. Meine Freunde auch, denn ich gehe jetzt sehr offen damit um. Auf mein Facebook-Profil poste ich Fotos von mir in Leder mit der Schärpe. Dort sehen alle meine Freunde, wer und was ich bin, und bisher habe ich von ihnen nur positives Feedback erhalten. Sie akzeptieren und lieben mich, wie ich bin, und ich bin stolz darauf, was ich erreicht habe. Menschen, die lieben, urteilen nicht! Mit der Familie ist der Kontakt nicht besonders sehr gut und ich weiß nicht, ob sie schon etwas von meinem Ledertitel gehört haben.
BOX: Was suchst du denn?
Tzachee: Ich suche Typen, mit den ich mich als Fetischkerl identifizieren kann und die mich auf verschiedenen Ebenen verstehen. Ich finde es toll, wenn ich wegen meines Lederlooks angesprochen werde, besonders weil sie Leder auch gerne probieren möchten. Bei mir bleibt das Leder beim Sex immer an, ob ich den Anderen auspeitsche, anpisse oder ficke! Ich möchte auch mit Typen sein, die das auch mögen und geil finden.
BOX: Hast du als Titelträger mehr Sexmöglichkeiten als früher?
Tzachee: *lacht* Ich habe den Titel noch nicht lange genug, um das genau zu beurteilen! Ich kann aber schon jetzt sagen, dass die Schärpe mir hilft, noch mehr Leute kennenzulernen – besonders die, die ich auch immer kennenlernen wollte. Die Schärpe räumt einem zwar Möglichkeiten ein, aber die Arbeit muss man trotzdem selber machen. Sie bietet dir eine neue Plattform und macht das Leben dadurch schöner und interessanter. Ich hoffe, ich kann mit dem Titel mehr Menschen überall auf der Welt persönlich treffen und meine Horizonte erweitern. Dazu zählt natürlich das Treffen mit geilen Männern, ob für Sex oder nicht. Es wäre aber schön, wenn ich dabei mehr guten Sex habe!
BOX: Und was sagt dein Partner dazu?
Tzachee: Ich bin seit einem Jahr Single und genieße mein Singlesein in vollen Zügen!
BOX: Wen möchtest du kennenlernen und wo willst du überall hin?
Tzachee: Ich freue mich schon, meine europäischen Titelträgerbrüder persönlich kennenzulernen, denn bisher kennen wir uns nur von Facebook, wo wir fast täglich miteinander chatten. Ich fliege Januar 2017 nach Chicago, um der Wahl Mr. Leather Chicago beizuwohnen und ich hoffe, ich schaffe es im Februar nach Antwerpen und dann entweder zum Oster-Fetischwochenende oder Folsom nach Berlin.
BOX: Das Amtsjahr als Titelträger kann sehr teuer werden: International reisen, Hotels, Essen und Trinken und Fahrkarten in teuren Städten, usw. Wie finanzierst du das alles?
Tzachee: Ich arbeite schon daran, Sponsoren zu finden, aber das ist für mich hier in Tel Aviv sehr schwierig. Israel ist kein „Fetischland“ und gehört auch nicht zu Europa – daher bin ich für die großen Geschäfte wie Rob, Gear, MrB, Regulation, Recon und Co. nicht wirklich interessant oder wichtig. Aber durch meinen Titelgewinn habe ich gelernt, dass Überraschungen immer wieder vorkommen und auch, dass man sich manchmal auf Fremde verlassen muss. Der Wahlveranstalter, Daniel Premack, unterstützt mich zum Teil auch finanziell und ich bin dafür wirklich dankbar. Wichtiger aber als die finanzielle Unterstützung ist die Moralische, und die habe ich hier schon.
BOX: Eine Wahl zu gewinnen drückt schon Unterstützung aus, aber warum hast ausgerechnet du sie gewonnen?
Tzachee: Wahrscheinlich weil sie alle vollbesoffen waren! *lacht*. Nein, im Ernst, ich hatte damit nicht gerechnet und war wirklich überrascht, als mir danach gesagt wurde, es sei ein Erdrutschsieg gewesen. Während der Wahl war es mir wichtig, echt zu bleiben und von meinem Leben zu erzählen: Wie ich zum Leder kam, worauf ich sexuell stehe, worüber ich phantasiere. Man darf aber auch nicht vergessen, dass wir Schwule immer noch für unsere Rechte kämpfen müssen. Spaß und Partys sind toll, aber es werden weiterhin Schwule überall auf der Welt ermordet, sogar hier um die Ecke auf dem CSD! Dazu hat man mir als weiterer Faktor gesagt, dass ich dort auf der Bühne sofort als richtiger Lederkerl erkennbar war. Es gibt schon einen Unterschied zwischen einem, der Leder nur für Fotos oder Partys anzieht und einem, der einen natürlichen Enthusiasmus für Leder besitzt. Ich gehöre zu denen, die Leder jeden Tag tragen wollen! Als Lederkerl bezeichnet zu sein, das ist für mich ein riesiges Kompliment!
BOX: Wo, wie und wann kann man denn im israelischen Klima Leder tragen?
Tzachee: Jetzt im Winter ist es das perfekte Klima für Leder! Im Sommer unterwegs kann man Leder eigentlich nur nachts tragen, und das nicht komplett. Ein enges T-Shirt oder ein Harness mit Lederjeans und Boots reichen völlig aus. Wir haben hier ab und zu große Fetischpartys, und Fetischsexdates kann man sich hier wie sonst überall online machen. Und es ist schön, dass wir überall Klimaanlagen haben!
BOX: Danke für das Interview, Tzachee. Hast du eine persönliche Message für die deutsche Leather-Community?
Tzachee: Ja, durch meine Wahl habe ich zwei sehr wichtige Sachen gelernt: Es gibt eine Menge tolle Typen da draußen! Man soll vertrauen lernen und keine Angst vor Fremden haben. Und zweitens, was man in den jungen Jahren verpasst hat, kann man später einfach nachholen! Mutig und geduldig muss man sein, um aus den Träumen Realität zu machen. Es freut mich, dass ich diese Chance bekommen habe, mit so vielen Ledertypen in Deutschland auf einmal zu kommunizieren und mich ihnen vorzustellen. Ich danke euch allen auch!