20 Jahre FOLSOM EUROPE – eine Berliner Erfolgsgeschichte
Im Oktober 2003 hatten sieben Lederkerle aus Berlin den Verein Folsom Europe e.V. gegründet. In diesem Jahr feiern die Fetischliebhaber*innen aus aller Welt die 20. Ausgabe des Berliner Ablegers von Folsom Street Fair in San Francisco. An der US-Westküste wird dieses Jahr sogar schon das 40. Jubiläum begangen.
Geboren wurde die Idee auf dem Rückflug aus San Francisco im Sommer 2003, wo der Co-Gründer des berliner Events den kleinen Folsom-Ableger Dore Alley/Up Your Alley besuchte.
Er war fasziniert vom Konzept: draußen unter der Sonne Kaliforniens anstatt in einer dunklen, versteckten Bar. Einige Stunden, wo es eher darum ging andere Menschen gleichen Interesses kennenzulernen und weniger um das Cruisen für den schnellen Sex. Noch heute wirbt man in Berlin für das Straßenfest gern mit dem Slogan „ein sexy Event ohne Sex, wo man alte Freund*innen wieder trifft und neue Freundschaften entstehen“.
Schnell war also klar, ein solches Event braucht es auch in Europa. Umgehend hatte der Berliner Daniel Rüster in Jürgen Rentzel aus Köln einen erfahrenen Mitstreiter der deutschsprachigen Szene gefunden und sie beide erarbeiteten ein Konzept für Berlin (diskutiert wurden damals im Übrigen auch Köln, Amsterdam und London als Veranstaltungsort), mit dem sie schon wenige Wochen später, im September 2003, den Vorstand in San Francisco von ihrem Konzept überzeugen konnten. Einen Monat später wurde dann der Verein in Berlin gegründet.
Der Schöneberger Kiez, einst Schmelztiegel der Andersdenkenden und -feiernden in den Goldenen Zwanzigern, lag damals, 2003, ein wenig im Dornröschenschlaf.
Es gab die Ableger der Amsterdamer Firmen Mister B und RoB und im Prenzlauer Berg und Pankow zudem noch VK79, das Blackstyle und Leathers – drei berliner Ikonen der Leder- und Gummiszene. Dazu noch ein paar Lederbars und die eine oder andere Pension, die sich um das Klientel bemühte. Alles in allem aber überhaupt nicht vergleichbar mit dem vitalen Kiez, der Schöneberg heute wieder ist. Und dabei hatte FOLSOM EUROPE eine prägende Rolle gespielt.
Die vielen zusätzlichen Tourist*innen der letzten 20 Jahre sind schlussendlich auch der Grund dafür, dass sich unzählige neue Betriebe angesiedelt haben. Rund ein Dutzend Fetisch-Läden gibt es heute allein in Schöneberg, unzählige neue Hotels, Cafés, Restaurants, Gallerien, Bars und Clubs ziehen das ganze Jahr über Tourist*innen aus aller Welt an. FOLSOM EUROPE als Wirtschaftsmotor in einem hart umkämpften Markt der weltweiten Tourismusbranche.
Diese Katalysator-Rolle haben auch die Stadt Berlin und der Bezirk Tempelhof-Schöneberg erkannt und da Events wie das Stadtfest und eben auch FOLSOM nach der Pandemie kaum noch finanzierbar sind, erhält auch der Folsom Verein seit 2022 Fördermittel aus der Bettensteuer des Landes. Denn wie viele andere Branchen auch, ist die Eventbranche seit 2021 gekennzeichnet durch enorm gestiegene Produktionskosten und Fachkräftemangel.
In der zweiten September-Woche kommen nun also wieder rund 15.000-20.000 Leder- und Fetischliebhaber*innen zusammen, um das Straßenfest und auch die unzähligen Partys der FOLSOM Woche zu feiern.
Neben dem Straßenfest am Samstag, den 9.9.2023, von 12:00-21:00 Uhr mit drei Bühnen (die Mister B & Recon Hauptbühne, die BLF Bühne der deutschen Leder- und Fetischclubs sowie eine neue Bondagebühne) feiern die Jungs und Männer auch auf den vier offiziellen FOLSOM EUROPE Partys:
- – die ADAM am Donnerstag im Connection Club
- – erstmalig als FOLSOM Party die BEAR DANCE im SO36 am Freitag
- – die TESTOSTERONE im Gretchen ebenfalls am Freitag
- – sowie die Signature Party des Veranstalters, die PIG, am Samstag in der Alten Münze
Hinzu kommen zahlreiche Partys in den Bars sowie den drei berühmten Berliner Sexclubs Laboratory, Quälgeist und Böse Buben. Letztere bieten in diesem Rahmen auch Partys für das nicht-cis-male Publikum an.
Überhaupt hat sich FOLSOM nie als rein schwules Event verstanden, weshalb man seit letztem Jahr auch mit der Niederländerin Marga van den Meydenberg als Fotografin zusammenarbeitet. Denn der Blick von außen auf sich selbst und auch die Einblicke in die weibliche und queere Szene sind für die Veranstalter sehr spannend und sollen intensiviert werden, wenn auch die nicht-schwule Fetischszene in Berlin stets eher klein aber fein ist.Neben den zahlreichen Partys und Kunst-Projekten und Ausstellungen in den Gallerien und dem Knast in der Söhtstr. des Pride Art Vereins – in diesem Jahr auch in Kooperation mit der Tom of Finland Foundation aus Los Angeles – bietet FOLSOM EUROPE auch erstmals gleich drei Sightseeing-Bustouren am Freitag und eine Bootstour am Sonntag an.
Eine der Bustouren, der Puppy-Bus, war nach nur wenigen Tagen ausverkauft. Ohnehin sind die Puppies, junge und jungebliebene Queers mit verspielten Hundemasken, der neue Trend der Szene der letzten Jahre. Wurden sie vor einigen Jahren noch mit Argusaugen betrachtet oder gar belächelt, sind sie inzwischen ein game changer der jungen Generation und bilden auch bei der 20. FOLSOM EUROPE eine großen Schwerpunkt im Programm.
Ganz so, wie auch das berliner Original CLASSIC MEETS FETISCH. Ein klassisches Konzert, wo Künstler*innen wie auch Besucher*innen im Fetisch der Wahl in der Apostelkirche zusammenkommen. Diese einzigartige Idee von Tyrone Rontganger hat inzwischen einige Nachahmer gefunden, unter anderem in Los Angeles.
Und so schließt sich dann auch der Kreis der gegenseitigen Inspiration zwischen Kalifornien und der deutschen Hauptstadt.
- Folsom Europe e.V.
(c/o Eisenherz-Buchladen) Motzstr. 23, 10777 Berlin – Tel: +49 30 7978 9720 – Fax: +49 30 7978 9719 – www.folsomeurope.berlin –