Emerson, Mr. Fetish Spain

Emerson Silva Prietom gewann im November 2017 die Wahl „Mr Fetish Spain 2018“ in Barcelona. Hier spricht er mit Tyrone Rontganger über die Fetischfamilie Spaniens, Sportsgear und gesuchte Dolmetscher.

BOX: Hallo Emerson. Warum wolltest du Mr. Fetish Spain werden?

Emerson: Ich hatte mal ein Footshooting in Barcelona mit dem Fetischfotographen Xavier Vázquez Solano, der mit den beiden Wahlveranstaltern Janos und Henk befreundet ist. Daher wusste er, dass sie schon auf der Suche nach Kandidaten waren, und er schlug mir vor, bei der Wahl mitzumachen. Sein Vorschlag hat mich recht überrascht und sogar geschockt, aber ich fing dann tatsächlich an, ernsthaft darüber nachzudenken. Ich war anfangs ganz aufgeregt und unsicher und ich stellte ihm bestimmt einen Dutzend Fragen! Er hat mich aber schnell beruhigt und mir immer wieder gesagt, dass ich mir mit meiner Erfahrung als Go-Go-Tänzer keine Sorgen machen müsste.

BOX: Und? Hat er damit auch recht gehabt?

Emerson: Naja, die Aufregung wurde immer größer, je näher der Wahlabend rückte! Am Tag vor der Wahl war ich noch auf der Arbeit, als mich Janos plötzlich anrief und sagte, ich sollte mich schon den bereits eingetroffenen Besuchern und Gästen aus aller Welt vorstellen. Ich habe auf der Arbeit gleich alles fallen lassen und bin da regelrecht rausgerannt! Ich war aber auf gar nichts vorbereitet – ich kam da an und sah, dass die anderen Kandidaten schon ihre teuersten Fetischsachen trugen, während ich da in meinen null-acht-fünfzehn Alltagssachen herumstand. Ich fühlte mich natürlich voll blöd! Trotzdem war es mir wichtig, allen Anwesenden meinen eigenen persönlichen Geschmack und meine Persönlichkeit zu zeigen. Ich finde, Fetisch ist eine ganz persönliche Sache und hat wenig damit zu tun, was man eigentlich in dem Moment anhat, denn es bedeutet jedem etwas Anderes. Es darf nur kein Tabuthema sein und sollte auch nicht unterdrückt werden. Fetisch heißt einfach, ich fühle mich gut wie ich bin und bin stolz auf mich!

BOX: Und wie stolz bist du denn als Fetischkerl? Weißt deine Familie Bescheid?

Emerson: Meiner Familie waren Fetisch und der Mister-Titel völlig fremd. Sie wussten wirklich überhaupt nichts darüber und konnten zu der Zeit wahrscheinlich nicht mal das Wort „Fetisch“ richtig aussprechen! Aber ich habe sie jetzt in der Zwischenzeit ganz gut aufgeklärt. Meine Mutter, die eine sehr große Rolle in meinem Leben spielt, hat es nicht gleich verstanden, aber in der Zwischenzeit hat sie etwas mehr Ahnung und interessiert sich dafür. Meine Familie unterstützt mich sehr gut in meiner Rolle als Vertreter der spanischen Fetischcommunity. Mittlerweile wissen sie alle, was ich in meinem Kleiderschrank habe – Stiefel, Jockstraps, Ledersachen, usw. – und das ist für sie gar kein Problem. Es ist genauso bei meinen Freunden. Ich habe nicht viele Freunde, aber sie haben mich als Titelträger die ganze Zeit ermutigt, mein Bestes zu geben. Anfangs haben sie auch sehr wenig davon verstanden und dachten eigentlich, ich wäre nur eine Sex-Schlampe – was vielleicht auch stimmen mag – aber jetzt verstehen sie, wie Ernst die Rolle als Mister Fetisch eigentlich ist. Ich möchte auch einen sehr großen Dank an meinem Freund Ander aussprechen.

BOX: Ist Ander dein Partner?

Emerson: Nein, ich bin seit circa anderthalb Jahren Single. Ich habe es immer wieder versucht, eine neue Beziehung anzufangen, aber bisher hat es noch nicht geklappt. Ich möchte aber keinem anderen die Schuld dafür geben, denn ich weiß selber, dass ich da selber viel zu verantworten habe. Lassen wir daher das Thema bitte da!

BOX: Wann fing es bei dir an, die Lust auf Fetisch?

Emerson: Ich glaube, ich war ca. 15 Jahre alt, als ich anfing, über Typen in Fetischsachen zu phantasieren, aber ich habe es in dem Alter nicht so richtig verstanden. Ich fühlte mich daher mit meinen Gedanken, Bedürfnissen und Wünschen irgendwie falsch. Aber als ich dann immer älter wurde, habe ich sexuelle Erfahrungen mit anderen, ähnlich-denkenden jungen Männern gehabt, die bereits Fetischklamotten und Ahnung hatten. Ich habe dadurch nicht nur festgestellt, dass meine Gefühle doch normal waren, sondern auch jedes Mal, wie geil es mich machte, mit Fetisch zu experimentieren. Klar war es anfangs irgendwie komisch für mich, Fetisch zu tragen, aber mit der Zeit und den Erfahrungen fühlte ich immer wohler und sicherer. Ich stehe eigentlich auf Sportsgear und für meine ersten Leder- und Gummisachen musste ich vorher richtig sparen, aber das macht die Sachen mir nur noch wertvoller.

BOX: So, zurück zur Wahl: Was hast Du denn bei der Wahl und vom Titelgewinn erwartet?

Emerson: Auch im Nachhinein kann ich diese Frage nicht beantworten. Ich wusste einfach nicht, was mich erwarten würde. Aber was ich schon ganz toll finde, sind die vielen neuen und zum Teil wunderbaren Freundschaften, die ich am Wahlabend und seitdem gemacht habe. Diese neuen Freunde gewonnen zu haben, das bedeutet mich ganz viel. Allein dafür hat es sich alles gelohnt. Dazu kommt natürlich die große Verantwortung, denn ein Mister-Titel ist weit viel mehr als nur eine Party nach der nächsten! Das fiel mir aber erst während der Wahl auf  – auf einmal merkte ich, dass es eigentlich eine ernsthafte Sache ist und daher hatte ich wirklich nicht damit gerechnet, dass ich den Titel gewinnen würde. Die anderen Kandidaten waren auch nicht ohne, einer von meinen Mitstreitern hatte sogar schon einen regionalen Mister-Titel gehabt, wobei ich echt keine Ahnung hatte, was ich zur Wahl überhaupt anziehen sollte! Im letzten Moment habe ich mir neue Sachen gekauft und von Freunden andere Sachen geliehen. Ich fühlte mich aber in den Sachen nicht wirklich sehr wohl und dachte darüber nach, in letzter Minute einen Rückzieher zu machen, aber ich wollte meine Freunde, die schon im Publikum waren, nicht enttäuschen.

BOX: Warum, meinst Du, hast Du denn doch den Titel gewonnen?

Emerson: Wahrscheinlich wegen meiner behaarten Brust! *lacht* Ich weiß aber genau, dass es nichts mit meiner Outfitwahl am Wahlabend zu tun hatte! Meine Klamotten machten mich nur noch nervöser und so entschied ich mich ganz spontan, mein Hemd komplett auszuziehen und einfach nur in einem Lederharness auf die Bühne zu gehen. Ich werde aber meine Aufregung nie vergessen, obwohl mich der SLFC-Verein ganz gut betreut hat. Ich bin wirklich jedem sehr dankbar, der für mich gewählt und mir dieses tolle unvergessliche Jahr als Mister ermöglicht hat. Als ich meinen Namen als Gewinner hörte, konnte ich es einfach nicht glauben. Es macht mich sehr stolz und glücklich, ein Jahr lang diesen Titel gehabt zu haben.

BOX: Es gibt in Spanien mittlerweile mehrere Fetisch-Mister-Titel. Wozu ist das gut?

Emerson: Viele Leute denken an Spanien und glauben, dass es hier wegen des Klimas kaum Fetischtypen gibt, aber das stimmt nicht! Wenn man CSD in Barcelona oder Madrid oder das Fetishweek in Maspalomas besucht, sieht man da echt eine Menge Männer in Fetischklamotten. Es tragen ganz viele Leder, gefolgt von Gummi und natürlich auch Sportsgear – was mich selber richtig geil macht – und man trifft immer öfters auf Puppys. Deswegen glaube ich, brauchen wir noch mehr Titelträger in Spanien, damit sich jeder vertreten und verstanden fühlen kann. Mit meinem Fetischtitel bin ich mit meinen Outfits ganz frei, ich kann mir anziehen, was ich will, nach Lust und Laune. Eine Puppymaske möchte ich aber nicht tragen. Warum sollen die Puppys hier denn selbst keinen eigenen


BOX: Wie ist die Zusammenarbeit mit den anderen Schärpenträgern in Spanien?

Emerson: Die Zusammenarbeit in der Fetischcommunity ist wirklich am Wichtigsten. Deswegen tue ich mein Bestes, mit den anderen Titelträgern zu kooperieren. Trotz unserer verschiedenen Geschmäcke und Bedürfnisse gehören wir im Endeffekt alle nur zu einer großen Familie. Und wie in einer Familie hat jeder was zu sagen und es kommt auch dadurch manchmal zum Streit. Ich denke aber, abends wollen wir alle nur ficken und sind daher auch nicht so verschieden! Ich hatte eine sehr gute Freundschaft mit Mr. Rubber Spain 2018, der auch in Barcelona lebt, und wir haben viele Events gemeinsam koordiniert und uns gegenseitig unterstützt. Ich war sehr gerne mit ihm unterwegs. Ich komme auch mit Mr Fetish ILBS* aus. Natürlich hat jeder Verein seine eigenen Events und der SLFC (Spanish Leather and Fetisch Community) gehört zu den Größten, denn wir veranstalten Events in den beiden spanischen Großstädten, Madrid und Barcelona, aber auch in Städten, wo es früher wirklich kaum etwas für Fetischmänner gab, wie Bilbao zum Beispiel.


BOX: Und wie machst du das mit den Reisen zu den internationalen Fetischevents?

Emerson: Ich habe das Glück, großartige Freunde zu haben, die mir viel helfen. Ich war letztes Jahr ein paar Monate arbeitslos und natürlich ist es in einer derartigen finanziellen Lage sehr schwer, wenn man die internationalen Fetischevents besuchen möchte. Meine Freunde haben mir zum Teil die Flüge und/oder die Übernachtungen bezahlt. Es gibt ein spanisches Sprichwort, das besagt, wo zwei Menschen essen, können auch gleich drei! Andere haben mit mir ihre Hotelzimmer geteilt. Diese Großzügigkeit war ganz super und hat mich auch jedes Mal berührt. Janos, der Vorsitzender unseres Vereins, war Mr. Fetish Spain 2017 und hat daher viel Verständnis für die finanziellen Schwierigkeiten, die mit dem Titel kommen können. Er hat mich auch viel unterstützt. Mir stellten aber meine schlechten Englischkenntnisse immer wieder die größte Schwierigkeit.
BOX: Welche Herausforderungen hat ein Mr. Fetish Spain zu bewältigen?

BOX: Was wirst du deinem Nachfolger mitgeben?

Emerson: Da jeder Mensch anders ist, hat jeder mit seinen eigenen persönlichen Herausforderungen zu kämpfen! Und das hat nichts damit zu tun, welchen Titel man hat oder in welchem Land man wohnt. Außerdem glaube ich, es ist egal, ob man ein Mister ist oder nicht, man muss sich selbst immer treu sein. Ich finde, dass man seinem Charakter immer authentisch sein soll – andere Menschen wollen dich nicht kennenlernen, für den, der du sein möchtest, sondern für denjenigen, der du bist! Ich habe mit vielen Mistern gesprochen, die meinen, sie müssten sich jetzt wegen des Titels irgendwie verändern oder anpassen. Ich bin da ganz anderer Meinung. Es ist auch wegen des öffentlichen Interesses sehr einfach, als Mister etwas abzuheben und arrogant zu werden – manche denken offenbar, dass sie die Schärpe zu etwas Besserem macht. Das stimmt nicht! Es ist für viele Titelträger, egal wo man lebt, eine große Herausforderung, bescheiden und authentisch zu bleiben. Nach einem Jahr ist die Zeit vorbei und wer zu hoch fliegt, landet hart.

BOX: Wie geht es nach deinem Titeljahr weiter?

Emerson: Im März 2019 gebe ich die Schärpe und den Titel an meinen Nachfolger weiter. Trotzdem möchte ich mich weiter für unseren Verein einsetzen und sogar mehr Verantwortung übernehmen. Die Jungs haben so viel für mich gemacht, dass ich ihnen gerne etwas zurückgeben möchte. Ich fliege auch dieses Jahr nach Chicago zum 42. IML, woran ich teilnehmen möchte. Ich war letztes Jahr dort im Publikum und habe es nur als Zuschauer erlebt. Ich bin schon echt aufgeregt, aber ich finde es einfach einen schönen Abschluss zu dieser tollen Zeit als Titelträger. Ich spreche leider kein Englisch, was es mir bestimmt schwerer machen wird, aber ich freue mich schon richtig, die anderen Teilnehmer aus aller Welt kennenzulernen. Ich hoffe nur, ich finde dort einen guten Dolmetscher! Außerdem möchte ich weiter als Model zur Verfügung stehen und als Go-Go-Tänzer weiterarbeiten, und vielleicht kommt auch irgendwann in naher Zukunft sogar einen Pornodreh. Vielleicht möchte mich der einer oder der andere BOX-Leser auch in einem geilen Pornofilm sehen …?

BOX: Hast du sonst einen Aufruf für die deutschsprachige Fetischcommunity?

Emerson: Von der deutschen Fetischcommunity habe ich eine Menge gelernt, vor allem die eigene Selbstschätzung in meinen Fetischklamotten. Früher war ich in Fetisch etwas schüchtern und habe mich einfach nicht so richtig getraut, mich in Fetisch zu zeigen. Aber durch meine Reisen nach Deutschland habe ich erkannt, dass dort Fetisch kein Tabuthema ist. In dieser Hinsicht folgen die Deutschen ganz deutlich und öffentlich ihren Instinkten. Sie tragen das, wozu sie Lust haben und das finde ich echt toll! In Deutschland genießt man die Freiheit, genau das zu sein und auch zu zeigen, was man will. Bei euch muss sich keiner auf der Straße schämen oder versuchen, sich irgendwie zu verstecken. Man darf aber auch nicht die große Auswahl von Fetischbars vergessen, wo man Lieblingssachen regelmäßig tragen kann. Ich finde, die Deutschen gehen meistens respektvoll miteinander um, auch wenn man anders ist und aussieht, als die anderen. Das fördert die eigene Persönlichkeit und macht einen stark. Ich möchte mich bei allen Fetischkerlen in Deutschland dafür bedanken, weil sie uns allen aus anderen Ländern ein Stück Fetisch-Freiheit bieten. Ich wünsche mir, es gäbe noch mehr Länder wie Deutschland!

Name: Emerson Silva Prietom
Alter: 32
Beruf: Zahnhygieniker
Hobbys: Fitnessstudio
Sternzeichen: Zwilling