Alejandro Alvarez: Ein Portrait

Dj Alejandro Alvarez

Es ist Sommer und wir sitzen ganz entspannt mit Alejandro in Köln im Café Fleurs auf der Terrasse. Die Sonne scheint, um uns herum frühstücken die Menschen und trinken ihren Cafe au lait. Nebenan am Tisch sitzt eine kleine Gruppe „Sex & the City“- Frauen bei Prosecco und prosten uns zu, als wir uns hinsetzen.

BOX: Alejandro, du bist aus Portugal, du kommst von Funchal/Madeira, einer kleinen wunderschönen Insel, die näher an Marokko liegt, aber dennoch zu Portugal gehört. Wie bist du nach Köln gekommen?

Alejandro: Ich bin 2013 aus Gründen, die eigentlich so gar nichts mit meiner Musik zu tun haben, nach Köln gekommen. Tatsächlich bin ich nach Köln auf Einladung eines Filmproduzenten gekommen, um Gay Porn zu machen.

BOX:  Aber das machst du jetzt nicht mehr, oder?

Alejandro: Nein, das mache ich schon lange nicht mehr, ich habe es auch nur etwa ein Jahr lang gemacht und dann nicht mehr. Aber manchmal erinnern sich die Leute noch an meine Zeit von damals und natürlich habe ich die damit erworbene Popularität auch genutzt, um meine Musikerkarriere anzukurbeln. Ehrlich gesagt, hat es mir auch einige Türen geöffnet, die mir sonst wahrscheinlich verschlossen geblieben wären. Viele meiner Follower aus dieser Zeit sind mir auch immer noch treu, was mich wirklich freut!

BOX: Ja, das habe ich gesehen, du hast wirklich viele Follower bei Insta und ich sehe wo du überall auflegst, das ist ja echt beeindruckend! Du warst auch gerade in Paris, richtig?

Alejandro: Ja, es läuft gerade ziemlich gut mit meiner Musik. In Paris bin ich zurzeit Resident für die „Under Party“ von John Dixon. John legt auch regelmäßig auf der „La Demence“ auf.

BOX: Wir kennen uns ja einige Zeit und ich habe deine Karriere immer ein bisschen nebenher verfolgt und mitbekommen, wie du immer bekannter geworden bist. Du hattest sogar einige Hits in den Download Charts in Deutschland, was ich sehr beeindruckend finde!

Alejandro: Ja. Nach einem Jahr in Köln habe ich angefangen, meine Musik zu machen und begann ziemlich schnell, in den Kölner Klubs aufzulegen. Zuerst nur ab und zu, aber es wurde dann immer regelmäßiger und die Clubs und Partys wurden auch immer größer.

Dann habe ich angefangen, selber zu produzieren, aber bis zum ersten Release hat es dann doch etwa 5 Jahre gedauert, ich musste ja alles neu lernen! Aber seitdem habe ich eigentlich jedes Jahr etwas Neues veröffentlicht.

Gerade jetzt habe ich einen ganz neuen Track in Italien bei einem sehr bekannten Label produziert, bei Alchemy. Es ist ein Remix eines Freundes von mir „Forget about the world“ von Tony Bruno.

BOX: Hat Musik dich denn schon immer gereizt? Oder wie hat sich das bei dir entwickelt?

Alejandro: Ich habe schon immer gerne Musik gehört. Mein Geschmack hat sich natürlich im Laufe der Zeit geändert. Anfangs war es sehr viel R&B und Hiphop, dann so von 12-16 Jahren habe ich gerne Metal und Rock gehört, was ich privat aber auch immer noch gerne höre.

Dann kam noch Dance und House dazu und jetzt ist es mehr Techno/Progressive Techno. Meine Musik würde ich auch eher als Progressive Techno beschreiben.

BOX: Aber Gesang ist bei deiner Musik nicht zu finden, oder? Warum nicht?

Alejandro:  In naher Zukunft will ich auf jeden Fall auch Vokals aufnehmen in meinen Songs!

BOX: Wie sehen deine Gigs in 2023/2024 aus?

Alejandro: Oh Mann, ich habe jetzt nicht alle Termine im Kopf, aber die wichtigsten sind sicherlich, dass ich in Köln und Berlin zum Pride aufgelegt habe, zum Amsterdam Pride habe ich auch als DJ gearbeitet. Außerdem bin ich regelmäßig Resident auf der Revolver Party in Berlin, bei Darklands in Antwerpen und in Köln bei den „Backstage Diaries“ im Arttheater und „Guyz“ im Domhof. Worauf ich mich sehr freue ist „PIG Party“ in Berlin zur Folsom!

BOX: Arbeitest du viel mit anderen DJs zusammen?

Alejandro: Die ersten 2 Tracks waren mit Jan Philipps, aber ich war noch nicht wirklich erfahren, das war so vor 7-8 Jahren, aber es waren meine ersten Schritte als Produzent und dann habe ich recht schnell meine eigenen Sachen produziert. Jan Philipps hat mir aber am Anfang sehr geholfen und sozusagen die Basics mitgegeben.

BOX: Wenn du auf Partys mit anderen DJs auflegst, wie muss man sich das vorstellen, gibt es da großes Konkurrenzdenken oder ist es eher Freundschaft, die einen verbindet?

Alejandro: Nein, nein, wir sind wie Freunde und ein bisschen wie Buddies, aber natürlich gibt es auch ein bisschen Konkurrenz, aber es ist normal, man will ja immer besser sein als die anderen, aber es ist immer eine sehr freundliche kollegiale Atmosphäre.

BOX: Wie ist denn im Privatleben? Was sagt dein Freund dazu?

Alejandro: Wir sind jetzt seit 10 Jahren zusammen und er hilft mir wahnsinnig viel mit meinen Gigs, besonders, weil mein Deutsch ja nicht so gut ist. Meistens ist er auch dabei und unterstützt mich. Als ich zuletzt einen Gig in Hamburg gespielt habe, hat er mir sehr geholfen und auch die ganze Vorbereitung gemacht.

BOX: Was ist mit deinen Fans? Gay Fans, sind die anders? Wirst du oft angebaggert?

Alejandro:  Die Gay Szene ist ja schon sehr offen und die Gay Party Szene ist da sicherlich keine Ausnahme. Es kommt immer wieder vor, dass einige sich sehr für einen interessieren, weil man oben am Mischpult steht, aber das ist ja auch was Schönes, finde ich.

BOX: Was sagt denn dein Freund dazu?

Alejandro: Ach, eigentlich sind wir beide da recht locker. Oft flirtet er ja auch auf den Partys, bei denen ich auflege, also während ich arbeite hat er Spaß und es ist eher umgekehrt!

BOX: Du weißt ja, dass es in unserer Sonderausgabe um das Thema „Fetisch“ geht. Wie sieht es denn da bei dir so aus? Hast du irgendeinen Fetisch?

Alejandro: Momentan bin ich eher zurückhaltend, weil man nach einem Gig auch müde wird und dann will ich eigentlich nur noch ins Bett. Aber ich bin sehr aufgeschlossen allem gegenüber und habe auch Spaß an Kinky Stuff. Ich arbeite ja auch gern auf Fetisch Partys und schaue gerne zu, wie die Leute in Fetisch ihren Spaß haben. Was mich früher sehr interessiert hat, ist Role Play und Spaß an Verkleidung habe ich auch. Was gibt es Besseres, als sich hinter einer Maske freier zu fühlen?

Ich mag an mir persönlich gerne mal Leder, Harness und sowas. Ein bisschen Butch / Macho Style. Puppies finde ich spannend und sie sind auch immer mehr auf den Partys zu sehen, aber ich selber habe es noch nicht für mich ausprobiert.

BOX: Momentan gibt es viele Änderungen in der Community, Thema WokeAwarness. Wie stehst du denn zu dieser Entwicklung in unserer Gesellschaft?

Alejandro: Ich finde es total wichtig, dass wir immer bewusster im Umgang miteinander werden. Aber bei manchen Sachen finde ich, da sollten wir alle ein bisschen die Luft rausnehmen.

BOX: Inwiefern Luft rausnehmen? Was meinst du?

Alejandro: Ich akzeptiere jeden, wie er/sie/es ist und wenn sich jemand besonders fühlt und in einer besonderen Art und Weise angesprochen werden will, dann mache ich das selbstverständlich. Ich denke Befindlichkeiten sollten ernst genommen werden, aber manchmal finde ich es auch schwer zu erkennen, worauf man alles achtgeben muss.

Wichtig ist für mich in erster Linie, dass man sich gegenseitig respektiert.

BOX: Das ist ein schönes Schlusswort!