Raymond und Reto sind das Ledertraumpaar unter den aktuellen europäischen Mister-Leathers. Raymond Timmer, Mr. Leather Amsterdam 2017 und der aktuelle Mr. Leather Europe ist sehr oft auf den internationalen Events mit seinem Reto, Mr. Leather Switzerland 2017, zu sehen. In diesem einmaligen Partnerinterview erzählen die beiden Fetisch-Turteltauben über geteilte Bühnen, Konkurrenz, Eifersucht und die Liebe im und zum Leder.
BOX: Was kam zuerst: Die Liebe oder die Mister-Leather-Titel?
Reto: Die Liebe!
Raymond:Für mich war es andersrum. Ich lernte Reto an dem Abend meiner Wahl zum Mr. Leather Amsterdam 2017 kennen, als ich meinen Sieg auf der Invasion Party feiern wollte. Reto hatte die Wahlen nicht mitverfolgt, da er sich im Darkroom herumtrieb, suchte aber danach nach seinen Freunden und irrte in der ganzen Location umher. Da sind wir uns das erste Mal begegnet und dort kam es auch zum ersten Kuss! Tja, ich war aber der frischgebackene Mr. Leather, und mit dem ganzen Rummel über die nächsten Tage hatte ich diese erste Begegnung einfach vergessen. Wir trafen uns dann ganz unverhofft ein paar Wochen später auf einem Fetischevent in Mailand und er fiel mir mit seinen wunderschönen Augen sofort auf. Gleich nachdem ich dort mit meinen Mister-Aufgaben fertig war, sprach ich ihn an. Ab dann waren wir nicht mehr zu bremsen! Wir hatten überall in der Bar und im Club endlosen, geilen Sex. Das ganze Wochenende haben wir zusammen verbracht und blieben danach täglich in Kontakt. Seitdem ist über ein ganzes Jahr vergangen!
BOX: Ist es nicht schwierig, eine intime Liebesbeziehung zu führen und gleichzeitig als Leather-Mister in der Öffentlichkeit zu stehen?
Raymond: Klar, aber es aber es hat auch seine Vorteile! Wir treffen uns jedes Wochenende in der Schweiz, Amsterdam oder auf einem der europaweiten Events. Dieses Jahr reisen wir sogar gemeinsam zum IML in Chicago. Am schwierigsten ist es eher, die Beziehung mit der Arbeitszeit zu vereinbaren, und das hat sehr wenig mit dem öffentlichen Interesse zu tun. In der Regel gelingt es uns, unser Privatleben vom Misterleben sehr gut zu trennen.
Reto: An dem Abend, als wir uns kennenlernten, wusste ich nicht mal, dass Raymond gerade die Mr. Leather Amsterdam Wahl gewonnen hatte! Mir bedeutete daher sein Titel damals überhaupt nichts! Natürlich war ich stolz auf ihn, aber für mich standen an erster Stelle das gegenseitige Vertrauen und die Liebe. Wir leben nach wie vor unser Fetischleben aus, pflegen unsere Fetischfreundschaften, besuchen die internationalen Events und haben viel Spaß – auch weit abseits vom Scheinwerferlicht. Natürlich hat Raymond als Mr. Leather Europe mehr Pflichten als ich, wenn wir auf den Events unterwegs sind. Er ist daher teils sehr beschäftigt – vor allem Fotoshootings können mitunter dauern –, aber ich bleibe da einfach entspannt. Und außerdem, das Leben, das wir gemeinsam führen, ist nach wie vor sehr intim. Die Öffentlichkeit erfährt nicht mal 5% davon, was wir alles privat machen.
BOX: Das Titelträgerjahr bringt viele Reisen zu den internationalen Fetischevents mit sich, wo man viele andere Fetischtypen kennenlernt, unter anderem viele Männer, mit denen man Sex haben kann! Vermisst ihr das irgendwie nicht?
Raymond: Eigentlich wollte ich ja anfangs gar keine Beziehung! Ich wollte mich austoben, überall herumficken und die Mister-Aufmerksamkeit genießen. Es ist alles anders geworden als geplant, aber Reto und ich teilen viel mehr als nur ein Faible für Fetisch und ein paar Mister-Titel! Wir unterstützen uns gegenseitig und sind auf ganz vielen Ebenen miteinander verbunden. Sowas habe ich noch nie in meinem Leben gehabt! Mit oder ohne Titel! Herumficken ist toll, aber mittlerweile ist mir ein toller Kerl auf meiner Wellenlänge, mit dem ich mein Leben teilen kann, viel wichtiger. Ich bin 44 Jahre alt und habe in meiner Vergangenheit kaum etwas ausgelassen, und daher kann ich nicht klagen, dass ich jetzt etwas verpasse! Mein Amtsjahr ist viel mehr als nur ein sexuelles Abenteuer! Es ermöglicht neue Perspektiven und erlaubt mir, den Fokus in meinem Fetischleben noch mehr auf mein Engagement für die Community zu setzen.
Reto: Nein, ich vermisse nichts. Wir lernen viele interessante Typen kennen und bauen neue Freundschaften auf. Das ist eine sehr schöne Erfahrung. Und ich glaube, ich habe mehr und besseren Sex als je zuvor. Sowohl zu Hause und als auch an den Fetischevents.
BOX: Habt ihr die Teilnahme an der “Mr. Leather Switzerland“ Wahl gemeinsam entschieden?
Reto: Die ersten Monate unserer Beziehung war ich eine sogenannte „Sash wife“! Ich wusste von den Mister-Leathers, aber wir hatten in der Schweiz seit Jahren selbst keine Wahl mehr abgehalten. Daher kam ich nie auf die Idee, mich für so eine Wahl anzumelden. Durch Raymond habe ich dann einen Einblick in die Mister-Leather-Welt bekommen: Es war toll, wie freundlich ich überall als Raymonds Partner miteinbezogen wurde. Das hat mich schwer beeindruckt. Dann, Anfang des Jahres 2017, erfuhr ich von der Mr. Leather Switzerland Wahl und wurde als Kandidat angefragt. Daran teilzunehmen war meine eigene Idee und das Timing war auch perfekt, aber natürlich haben wir das Ganze ausführlich miteinander besprochen.
Raymond: Von meiner Seite kann ich nur bestätigen, dass es seine eigene Entscheidung war. Ich hatte ihn sogar davor gewarnt, dass ein Titeljahr viel Arbeit und teils sogar Stress bedeuten kann, zumal ich Reto als eine Persönlichkeit kenne, die sehr viel Wert auf seine Privatsphäre legt. Aber als wir gemeinsam an den Fetischevents teilnahmen, merkte ich, wie Reto sehr viel über die Mister-Aktivitäten nachdachte und viele gute Ideen einbrachte. Daher ermutigte ich ihn, sich der Herausforderung zu stellen, unterstützte ihn auch bei den Wahlen und seither natürlich während seinem ganzen Titeljahr.
BOX: Und dann, bei der Wahl selber, war es für dich vom Vorteil, mit dem damaligen Mr. Leather Amsterdam verpartnert zu sein? Oder eher ein Nachteil?
Reto: Eigentlich beides! Auf der einen Seite hatte ich durch Raymond einen guten Einblick bekommen, was bei solchen Wahlen alles läuft. Das war natürlich sehr hilfreich. Auf der anderen Seite fühlte ich mich irgendwie gezwungen, mich der Jury gegenüber zu rechtfertigen, dass ich dabei aus freien Stücken war und nicht, um Raymond zu gefallen oder das Gefühl zu erwecken, ich würde den Titel dadurch einfach erhalten. Die ganze Zeit habe ich Raymonds Titel daher gar nicht erwähnt. Er war zwar Teil meiner Show auf der Bühne, aber einfach als Lederkerl und nicht in seiner offiziellen Funktion.
Raymond: Ich denke, es war eher ein Nachteil für Reto. Die Leute hatten dadurch höhere Erwartungen. Ich coachte Reto und wir haben die Vorbereitungen gemeinsam vorangetrieben. Letztlich waren es aber seine Ideen und ich hatte ihn inhaltlich nicht beeinflusst. Ein Jury-Mitglied und ein sehr guter Freund von mir war sogar ECMC-Mitglied und stand Retos Kandidatur sehr kritisch gegenüber. Er wollte sehen, dass sich Reto als Mr. Leather Switzerland bewähren wird, auch ohne meine ständige Rückendeckung. Reto überzeugte ihn klar, was mich natürlich umso stolzer machte.
BOX: Dieses Jahr werdet ihr auf der Bühne beim IML gegeneinander konkurrieren. Wie fühlt sich das an?
Reto: Die Gelegenheit, dass wir nun beide am IML mitmachen können, ist sicher etwas Besonderes, aber wir konkurrieren auch gegen ca. 65 andere Titelträger! Es wird alles bestimmt sehr spannend und wir werden uns gegenseitig so gut wie möglich unterstützen. Wir sind zwei starke Charaktere – indem wir nun beide an diesem Wettbewerb teilnehmen, haben wir vielleicht eine größere Chance, den IML-Titel wieder zurück nach Europa zu holen!
Raymond: Meiner Meinung nach konkurrieren wir gar nicht gegeneinander, sondern wir erleben und teilen auch dieselbe Erfahrung und ich freue mich schon darauf! Für mich ist der IML vielmehr ein Erlebnis als eine Wahl! Es wäre anders gewesen, glaube ich, wenn wir beim Mr. Leather Europe gegeneinander angetreten wären. Es wird toll sein, auf einer Bühne mit meinem Liebsten an meiner Seite zu stehen! Sollte Reto gewinnen, werde ich mega-stolz auf ihn sein!
BOX: Viele Beziehungen leiden oft unter Eifersuchtsthemen im Laufe des Titeljahrs! Wie sieht es bei euch aus?
Raymond: Natürlich bekommen wir beide viel Aufmerksamkeit, aber die Schärpe schafft teils auch eine gewisse Distanz. Viele sprechen uns an, aber einigen fehlt auch der Mut dazu. Daher muss man diese Mauer durchbrechen und offen und unkompliziert auf Leute zugehen, besonders bei Typen, die vielleicht etwas schüchtern sind. Das gehört einfach dazu und ich bin dabei keineswegs eifersüchtig auf Reto. Ich hatte über die ganze Zeit, in der wir uns beide kennen, einen Titel. Auch jetzt, seit ich den Mr. Leather Europe-Titel trage, stehe ich mehr im Rampenlicht als Reto mit seinem Titel. Aber wir sind zwei unterschiedliche Persönlichkeiten und erhalten generell von sehr unterschiedlichen Typen Aufmerksamkeit. Ich bin von Natur aus offener und mag eine größere Präsenz in der Öffentlichkeit. Reto hingegen ist etwas mehr der Schweizer. Wenn aber Typen auf Reto zugehen, macht mich das stolz! Eifersucht entsteht daraus nicht und ich denke auch nicht, dass das jemals zu einem Problem werden könnte.
Reto: Nein, Eifersucht ist echt kein Thema bei uns! Raymond war bisher für mich immer eine Person des öffentlichen Interesses und er hat daher immer viel Aufmerksamkeit bekommen. Ich sehe das aber nicht negativ. Ich finde es nach wie vor großartig, meinen tollen Partner im Scheinwerferlicht zu sehen und zu beobachten, wie er sich mit interessierten Leuten unterhält, Interviews gibt und als Opinion Leader fungiert. Und wenn Typen versuchen mit ihm zu flirten, was soll‘s? Raymond ist ein sehr attraktiver Mann – und er gehört mir!
BOX: Habt ihr keine Angst davor, was vielleicht passieren könnte, wenn euer letztes Titeljahr vorbei ist?
Raymond: Nein. Jede Beziehung verändert sich und es sind diese Veränderungen, die sie so schön machen. Wenn mein Amtsjahr vorbei ist, werden wir mehr Zeit füreinander haben und ich freue mich schon darauf. Ich glaube, das wird unserer Beziehung guttun. Ich werde in der Community aktiv bleiben, aber dann mehr im Hintergrund. Wir werden sehen, was kommt.
Reto: Naja, unsere Freunde haben sich früher lustig gemacht, weil ich einmal gescherzt hatte, Raymond als Mr. Leather Amsterdam bräuchte noch den Titel Mr. Leather Europe, damit wir noch ein weiteres Jahr zusammenbleiben können, bevor er seine Schärpe abgibt und ich ihn verlasse … Jetzt sind wir aber mittlerweile mehr als ein Jahr zusammen und in dieser Zeit hat sich eine wunderschöne Beziehung entwickelt, die wirklich von Tag zu Tag immer intensiver wird. Ich glaube nicht, dass sich unsere Beziehung verändern wird, nur weil Raymond eines Tages keinen Titel mehr hat. Er wird weiterhin Projekte unterstützen, die ihm wichtig sind. Wir zwei werden aber mehr Zeit füreinander haben und diese flexibler gestalten können. Somit sehen wir das positiv.
BOX: Welche Projekte habt ihr dann?
Raymond: Mir sind mehrere Dinge wichtig! Ich hatte auch vor meiner Amtszeit an diesen gearbeitet, aber ein Titel hilft, mehr Aufmerksamkeit für sie zu bekommen. Als Mr. Leather Europe bin ich für die europäischen Vereine und ihre Titelträger da und stehe ihnen mit Rat und Tat gerne zur Seite. Als Mr. Leather Amsterdam war ich sehr aktiv im #chechnya100-Projekt, angefangen von meinem Vorgänger Joe King. Mit ihm unterstütze ich auch die Weiterentwicklung des ECMC. Ich habe auch schon eine Leder-Eurovision organisiert, um Gelder dafür zu sammeln. Auch HIV dürfen wir immer noch nicht vergessen und daher setze ich mich in Amsterdam besonders gezielt dafür ein. Ich will meine Erfahrungen mit anderen teilen, um sie zu unterstützen. Aktuell bin ich aktiv bei „NoMoreC“, eine Initiative gegen die Ausbreitung von Hepatitis C in der Community. Außerdem gehöre ich zu den Gründungsmitgliedern der „Leather Friends Netherlands (LFN)“, einem Verein, der als Plattform für die Lederszene dient. Und natürlich unterstütze ich meinen Reto mit seinen Projekten in der Schweiz!
Reto: Ich habe zwei Schwerpunkte: Erstens haben wir in der Schweiz seit langem keine richtig organisierte Ledercommunity mehr. Bei uns waren die Lederkerle entweder überall verstreut, oder alle nur privat oder unterwegs im Ausland. Ich möchte die schweizerische Ledercommunity wiederbeleben, damit wir wieder das europäische Niveau erreichen. Wir brauchen Leather-Socials, gemeinsame Abendessen, Kinobesuche wie die Tom-of-Finland-Premiere, oder auch BLUF-Abende, usw., um die Lederkerle zusammenzubringen. Wir haben mit einer Gruppe klein angefangen, neue Kontakte geknüpft und nun schon in Zürich, Bern und Lausanne regelmäßig Treffen in Leder. Das werden wir weiter ausbauen. Darüber hinaus möchte ich auch noch unsere „Brüder“ unterstützen, die ihren Fetisch nicht so ausleben dürfen, wie wir es hier in Westeuropa tun. In einigen Ländern werden Schwule immer noch verfolgt und müssen fliehen! Das ist ein Unding, und ich fühle mich verpflichtet, dagegen vorzugehen. Last not least interessiere ich mich für männliche Gesundheitsthemen, besonders HIV. Da kann ich mich viel mit Raymond über seine Erfahrungen in Amsterdam austauschen.
BOX: Kann man davon ausgehen, dass ein Mister-Leather-Pärchen auch nur Ledersex hat?
Reto: Na, klar lieben wir beide Sex in Leder und es ist toll, dass wir diese Vorliebe miteinander teilen! Und da wir auch beide etwas exhibitionistisch sind, lieber gleich an versifften Orten, wie Bars, Darkrooms und sonstwo außerhalb des eigenen Schlafzimmers! Wir lieben Sex in voller Kluft genauso viel wie Sex in leichter Lederbekleidung, aber schließen anderen Sex nicht aus. Wir tragen natürlich nicht nur Leder und ich liebe es auch, besonders morgens nach dem Aufwachen nur die Haut meines Partners an meiner Haut zu spüren.
Raymond: Reto hat hier den Nagel auf dem Kopf getroffen und ich muss dazu nichts mehr sagen. Mit Reto habe ich viel mehr als nur Sex, auch wenn sich diese Antwort vielleicht langweilig anhört *lacht*.
BOX: Viele Typen meinen, dass Beziehungen unter Fetischmännern nicht funktionieren und zum Scheitern verdammt sind. Was sagt ihr dazu?
Reto: Man darf solchen Sprüchen keine Beachtung schenken. Die meisten Menschen sehen nur einen sehr kleinen Teil einer Liebesbeziehung und urteilen relativ rasch. Meistens spielen in der Meinungsbildung dann auch noch persönliche Erfahrungen aus dem eigenen Beziehungsleben ein – aber das ist ja auch normal. Ich sehe keinen Grund, warum eine „Lederbeziehung” nicht funktionieren soll – besonders wenn beide Kerle die gleiche Leidenschaft teilen! Die Liebe bildet die Basis unserer Beziehung – das Leder hat diesbezüglich einen geringen Einfluss!
Raymond: Tja, ich denke, alles kann scheitern und das hat damit nichts zu tun, ob man Leder trägt oder nicht. Obwohl wir beide Leather-Misters und auch Lederkerle sind, sind wir an erster Stelle nur Reto und Raymond! Wir sind einfach zwei Kerle, die sich verliebt haben – und das hat sich halt nun mal in der Fetischszene zugetragen. Es gibt so Vieles, was in einer Beziehung passen muss, nicht nur ein gemeinsamer Fetisch. Wir stehen beide auf Leder, aber über mehr als ein Jahr haben wir uns nun immer besser kennen gelernt und teilen unglaublich viele Gemeinsamkeiten. Unsere Liebe ist tiefgründiger geworden. Wenn uns daher andere kritisieren wollen, dann schenken wir ihnen einfach keine Beachtung. Hört immer nur auf eure Herzen und lebt eure Beziehungen, wie es euch passt!
BOX: Danke, Jungs, für dieses Interview. Wir freuen uns schon, euch beide bei Easter Berlin in der deutschen Hauptstadt zu treffen!
Fact File:
Name: Raymond Timmer (Foto rechts)
Alter: 44
Beruf: Manager
Hobbys: Charity-Projekte, Reisen, Aviation, Shopping, Wein und gutes Essen
Sternzeichen: Fische
Name: Reto Leatherandmore (Foto links)
Alter: 39
Hobbys: Reisen, Musik, Literatur, Kochen und gutes Essen
Sternzeichen: Löwe