Obwohl er keinen nationalen Titel trägt, ist Nick Dawson Mr. XXX Leather Amsterdam 2015 zur Zeit einer der beliebtesten europäischen Mister. Im Rahmen des Leather Pride Antwerp hat er mit Tyrone Rontganger persönlich über Rampenlichter, Glaskugeln und Sex-Freundschaften gesprochen.
BOX: Hi Nick! Warum wolltest du Mr. XXX Leather werden, und nicht gleich Mr. Leather Amsterdam?
Nick: Hi Tyrone! Die zwei Mister-Titel in Amsterdam sind sehr unterschiedlich. Ich vertrete die berühmte XXX Leather “Drink Dance and Play Partys” in Amsterdam und Mr. Leather Amsterdam vertritt die gesamte niederländische Ledergemeinschaft. Ich war mir nie sicher, ob ich überhaupt eine Schärpe tragen wollte, denn anders als viele vermuten, bin ich keine Rampensau! Man kann auch in der Community aktiv sein ohne auf einer Bühne stehen müssen. Ich bin eigentlich kein Typ, der sich für eine Wahl meldet, daher fing ich erst mit diesem kleinen Titel an. So konnte ich mich ich daran gewöhnen und schauen, ob ich mich für weitere Titel zur Wahl stelle.
Außerdem bin ich bin ein großer Fan von den XXXLeather Partys in Amsterdam, der entspannten Atmosphäre, der guten Musik und den tollen Spielmöglichkeiten. Ich habe sehr freundschaftlichen Kontakt mit dem gesamten Team von XXXLeather und kann ihnen vertrauen. Hinzu kam, dass Arnaud Mr. XXX Leather 2014 und Mr. Leather Europe 2015 mein bester Freund ist und es war toll, von ihm diese Schärpe umgehängt zu bekommen.
BOX: Arbeitest du auch mal zusammen mit Mr. Leather Amsterdam?
Nick: Wir vertreten zwei verschiedenen Gruppierungen in Amsterdam, aber wir konkurrieren nicht miteinander. Man könnte sagen, ich bin sein Stellvertreter. Letztes Jahr als Frank (Mr. Leather Amsterdam) beim ECMC AG in Wien war, habe ich ihn in Amsterdam auf dem Leather Pride vertreten. Eigentlich haben wir zwei sehr getrennte Rollen, aber es ist ab und schon lustig, miteinander darüber zu streiten, wer von uns auf Facebook die meisten Follower hat! *lacht* Manches machen wir gemeinsam, aber ich würde noch viel mehr Zusammenarbeit begrüßen. Man darf nicht vergessen, wir repräsentieren verschiedene Funktionen und sind daher manchmal auf Events, die sich miteinander nicht kreuzen. Wir sind auch ganz unterschiedliche Charaktere und realisieren unsere Verpflichtungen auf ganz andere Art und Weise. Aber wir tun beide unser Bestes.
BOX: Viele Monate vor deiner Wahl hörte ich in Berlin, dass du sie gewinnen würdest! Wie kommt das?
Nick: Okay, Tyrone, dann must du eine Glaskugel gehabt haben, weil ich da wirklich keine Ahnung hatte! Ich hatte zwar die richtigen persönlichen Eigenschaften, um es zu schaffen, das war mir klar – aber ein Wahlergebnis kann man immer nur schwer vorhersagen. Ich habe öfters selbst gesehen, wie sehr hübsche und intelligente Ledermänner, die bestimmt gute Mister geworden wären, eine Wahl verloren haben. Denn auf der Bühne zu sein, ist komplett anders, als man sich das alles im Kopf vorstellt. Die Jury und auch das Publikum können manchmal wirklich herausfordernd sein und taffe Fragen stellen. Bei einer Wahl bist du immer nur so gut wie dein erster – oder auch allerletzter – Auftritt.
Nichtsdestotrotz bin ich seit Jahren sehr aktiv in der Community, längst bevor ich mich entschied, an der Mister-Wahl teilzunehmen. Daher kannten mich schon viele Leute in der Szene. Ich hatte auch bereits privat mit ein paar renommierten Fotographen gearbeitet und dadurch auf Facebook schon früher eine große Gefolgschaft gehabt.
Ich war außerdem Gründungsmitglied beim Club of Amsterdam Leather Men (CALM), der regelmäßig Leather Socials organisiert. Auch engagiere ich mich zusammen mit den Schwestern der perpetuellen Indulgenz in der HIV-Prävention. Das alles hat bestimmt viel dazu beigetragen. Anfangs hat es mir etwas Angst gemacht, als ich dann plötzlich so bekannt in der Szene wurde und die Leute anfingen, mich unterwegs auf Fetischpartys zu erkennen, denn früher war es allen egal, als ich ganz anonym aus den dunkelsten Barecken hervorkroch! Es eröffnete mir aber ganz plötzlich neue Horizonte, besonders weil ich das selbst nicht kommen sehen konnte.
BOX: Das heißt aber trotzdem, es stehen viele offenbar hinter dir …
Nick: Bestimmt, aber das macht mich auch etwas unbehaglich! Ich wurde ganz anders erzogen und bevor ich mich in der Community aktiv einsetzte, stand ich gar nicht in der Öffentlichkeit. Ich kann sehr gut zuhören, ich bin kreativ und kann andere inspirieren. Ich habe gute persönliche Eigenschaften und scheue mich nicht davor, meine Meinung öffentlich zu äußern. So kennt man mich! Aber vor allem komme ich mit anderen Menschen einfach gut klar. Ich arbeite sehr gern mit Anderen und bin offen für ihre Ideen und Vorschläge. Ich glaube, aus 1+1 wird bei mir auch manchmal 3! Wer zusammen arbeitet, kriegt einfach mehr hin.
BOX: Wo findest du die Zeit, das alles zu machen, wenn du so oft unterwegs bist?
Nick: Also, gleich am Anfang meines Titeljahres hatte ich ein Meeting mit meinem Club und wir haben gemeinsam einen ‘Mission-und-Vision’-Plan für das kommende Jahr erstellt. Unsere große Frage war, was wollen wir innerhalb der nächsten 5 Jahre erreichen? Die Antwort: Wir möchten den Titel noch sichtbarer machen, damit er international richtig anerkannt wird. Dafür müssen wir mehr Gäste nach Amsterdam locken. Am besten macht man das, wenn man vor Ort auf den verschiedenen internationalen Veranstaltungen anwesend ist, um die Leute persönlich einzuladen. In den letzten sechs Monaten war ich daher auf dem CSD Cardiff in Wales, Folsom Europe in Berlin, in Köln bei der Wahl des Mr. Fetish Germany, in England zum Leather Pride in Bristol, in Dublin bei Geared Irelands „3 Kings Event“, in Antwerpen zum Leather Pride Belgium und letzte Woche beim MLC in München bei der Wahl Bavarian Mr Leather. Es ist schön, so viel unterwegs zu sein, da ich dort die Ehrenamtlichen kennenlernen kann und sehe, wie es alles bei ihnen abläuft. Ich verbringe daher viel Zeit im Gespräch und wir lernen voneinander.
BOX: Du verbringst viel Zeit im Gespräch mit wildfremden Menschen und behauptest gleichzeitig, dass du das Scheinwerferlicht vermeidest. Wie funktioniert das?
Nick: Ich glaube fest daran, dass man keinen Titel braucht, um aktiv in der Community zu sein. Man kann die Events in anderen Städten besuchen und trotzdem nicht im Rampenlicht stehen. Es gibt so viel zu tun und so viele Möglichkeiten, etwas zu erreichen! Nichtsdestotrotz habe ich einen Titel gewonnen und es wäre falsch, wenn ich mich mit der Schärpe irgendwo in der Ecke verstecken würde! Ich habe eine Aufgabe bekommen, die ich ernst nehme. Trotzdem würde ich viel lieber im Hintergrund stehen, wo man eigentlich viel mehr erreicht! Wenn du im Rampenlicht stehst, wird von dir viel erwartet und man muss dabei schon eine dicke Haut haben.
BOX: Wenn man mehr im Hintergrund schafft, warum brauchen wir immer noch Schärpenträger?
Nick: Schärpenträger bringen viele Vorteile mit sich! Der Club oder Verein hat ein Gesicht nach außen; jemanden, den du leicht ansprechen kannst, wenn du Fragen oder Probleme hast. Sie machen die anonyme Community viel persönlicher!
BOX: Aber auf der anderen Seite bekommen der Arbeitgeber und die Familie auch alles mit …
Nick: Mein Arbeitgeber weiß, dass ich mich in der Community aktiv einsetze, aber ich fühle mich nicht gezwungen, ihm weitere Details preiszugeben. Was ich in meiner Freizeit und in meinem Privatleben mache, geht ihn nichts an! Mit der Familie ist es auch nicht anders, aber meine Mutter hat Fotos von mir mit Schärpe gesehen und weiß, ich bin ein Titelträger. Sie ist wirklich stolz auf mich! Wenn sie es könnte, würde sie ein Poster von mir an der Wand in ihrem Schlafzimmer hängen! *lacht* Meine Theorie ist aber sehr einfach: Wer es wissen muss, weiß auch davon! Es hat nichts mit Scham zu tun, aber mir ist es bewusst, dass nicht jeder damit umgehen kann.
BOX: Wie kommt dein Partner damit klar?
Nick: *lacht* Ich bin noch ein glücklicher Single! Viele denken, dass ich mit Alex zusammen bin, aber das stimmt nicht. Er ist mir zwar unheimlich wichtig, aber er ist nicht mein Partner. Es gibt einen großen Unterschied! Wir teilen eine BDSM-Beziehung, die sehr gut läuft und wir reisen auch oft zu den internationalen Events zusammen – es macht einfach sehr viel Spaß, mit ihm dort zu sein! Er steht mir bei meinen Mister-Verpflichtungen treu zur Seite und ich kann mich auf ihn immer verlassen. Was wir haben, eine Sir-Boy-Beziehung, könnte ich nicht mit einem Partner haben – glaube ich. Durch eine Partnerschaft käme eine andere Dynamik dazu. Wir werden sehen, was uns die Zukunft bringt, aber wie es jetzt ist, passt es uns beiden sehr gut.
BOX: Du bist schon überall gewesen, du führst eine geile Art von Beziehung! Was willst du in den kommenden Monaten noch erreichen?
Nick: Mein Hauptziel ist es, die Marke XXXLeather sichtbarer zu machen. Währenddessen lerne ich unheimlich viel über die lokalen Communities in Europa und ihre Vereine, ob groß und klein. Zusammenarbeit ist der Schlüssel! Nebenbei habe ich persönliche Interessen, wie z.B. meine Arbeit in dem Kampf gegen HIV und für die Gleichberechtigung Homosexueller. Ich würde sehr gerne Länder besuchen, wo man sein Schwulsein nicht leben darf oder wo man keinen Zugang zu Kondomen hat und dort jungen Menschen erklären, was genau Safer Sex ist. Diese Menschen möchte ich unterstützten, sie selbst zu sein. Wir sind alle Menschen und verdienen die gleichen Rechte. Last but not least, möchte ich sehen, wie PrEP endlich für alle in Europa erhältlich wird.
BOX: Und den Titel Mr. Leather Europe zu gewinnen?
Nick: Ja, Tyrone. Vielleicht kannst du wieder deine Glaskugel fragen …! Die Wahl findet dieses Jahr in Helsinki statt, im kommenden August.
BOX: Danke für das Interview, Nick.
Nick Dawson / Mr. XXX Leather Amsterdam 2015
Alter: 34
Beruf: Lehrer
Hobbys: Reisen, gutes Essen und Trinken, geile Typen in Leder
Sternzeichen: Schütze