Lukasz, Mr. Leather Poland 2017

Mit dem 2. Platz bei der Wahl im Jahr 2016 war Lukasz, genannt Sanky, nicht zufrieden. Daher boxte er sich an den anderen beiden Kandidaten vorbei durch zum Titelgewinn Mr. Leather Poland 2017.  Hier erzählt er Tyrone Rontganger etwas über Diskriminierung, Usurpatoren und die Liebe in Leder.

BOX: Hi Sanky, wie war dein Wochenende beim Easter Berlin?
Sanky: Ich habe früher zwei Jahre in Berlin gelebt und daher ist die Stadt für mich wie ein zweites Zuhause. Dieses Jahr aber war es etwas Besonders, denn ich habe dort endlich die Gelegenheit gehabt, die anderen Misters aus aller Welt persönlich kennen zu lernen. Das war sehr schön! Unser gemeinsamer Protest vor der russischen Botschaft am Ostersamstag gegen die Schwulenverfolgung in Tschetschenien hinterließ bei mir den größten Eindruck vom Weekend und es war toll, dass es abends sogar  in den Nachrichten gezeigt wurde. Da haben wir gezeigt, dass wir solidarisch zu unseren homosexuellen Brüdern und Schwestern überall auf der Welt stehen. Dabei ist es egal, ob sie rosa Baumwolle, Gummi oder Leder tragen – wir lassen es nicht zu, dass sie wegen ihrer Sexualität, Religion oder Hautfarbe gefoltert und ermordet werden.

BOX: Hast du selber Diskriminierung oder Mobbing erlebt?
Sanky: Klar! In meiner Schulzeit, zum Beispiel, aber ich habe mich von der Angst nie leiten lassen. Ich war Gott sei Dank immer zäh! Seitdem habe ich mir selber ein Versprechen gemacht, dass mich niemand schlagen, schikanieren oder verhauen darf, nur weil ich „anders“ bin. Und daher verteidige ich auch gerne Andere in solchen Situationen. Mich macht es aber richtig wütend, wenn es unter uns Schwulen passiert, zum Beispiel wenn man in der Ledercommunity Ärger bekommt, weil man etwas vielleicht mit Dragqueens oder Transen machen will! Das finde ich echt schlimm! Wir sollen mindestens untereinander solidarisch sein.

BOX: Und daher wolltest du 2016 Mr. Leather Poland sein?
Sanky: Ja, ich hatte mich 2016 für die Wahl angemeldet, weil ich glaubte, mich bis dahin endlich selbst „kennen gelernt“ zu haben! Ich hatte zwar vor vielen Jahren mein Coming-Out und viele Leute wissen seit Jahren, dass ich schwul bin, aber irgendwie konnte ich mich selber nicht so richtig akzeptieren und blieb trotz allem noch halb im Closet! Weil ich mich seit langem politisch aktiv einsetze, war ich schon oft in Zeitschriften, Zeitungen, den sozialen Medien oder sogar im Fernsehen zu sehen, und ich bin dadurch erwachsen. Dann lernte ich den Mr. Leather Poland 2015 kennen, der mich dazu ermutigte, bei der Mister-Wahl mitzumachen. Ich dachte mir, ich muss an mich glauben! Und lächeln!

BOX: Warum hat es denn bei der Wahl 2016 nicht geklappt und 2017 doch?
Sanky: Oh, das weiß ich nicht! Offenbar war der Sieger besser! Ursprünglich wollte ich dann kein zweites Mal mitmachen, aber meine Freunde haben mich etwas dazu genötigt! Ich hatte lange überlegt und mich erst ganz kurz vor dem Anmeldeschluss als Teilnehmer gemeldet. Ich hatte in dem Jahr dazwischen sehr viel an mir selber gearbeitet – ich war daher bei der Wahl entspannt, fokussiert und redegewandt. Somit gewann ich die Publikumsabstimmung. Oh, und ich ging öfters ins Fitnessstudio! *lacht*

BOX: Was ist dir als Mr. Leather Poland 2017 wichtig?
Sanky: Zurzeit liegt meine Aufgabe darin, die polnische Ledercommunity zu vereinen. Auch hier gibt es Streitereien unter den verschiedenen Vereinen. Viele Leute haben mir davon abgeraten, für den SLP-Lederverein ehrenamtlich zu arbeiten und jetzt reden sie hinter meinem Rücken und sagen böse Dinge über mich. Das ist mir aber egal! Was mir wichtig ist, ist etwas für die Community zu machen, nicht nur Fetischpartys zu organisieren – was sicherlich auch wichtig ist -, sondern in Dialog mit anderen zu treten. Wir sind nur stark, wenn wir gemeinsam miteinander arbeiten. Bei Streit sind wir alle nur schwach!

BOX: Ich wusste nicht mal, dass es in Polen mehrere Fetischvereine gibt, geschweige denn dass es unter euch Probleme gibt …!
Sanky: Das überrascht mich gar nicht! Dieser ganze Vereinskrieg bei uns ging so weit, dass man mir sogar vorgeworfen hat, die Wahl getürkt zu haben, um sie selber zu gewinnen! Das ist alles nur Quatsch, aber es wird von Leuten verbreitet, die mich gar nicht kennen und alles glauben, was man ihnen erzählt! Ich musste mich in der Wahl beweisen und mich auf faire Weise vor einer internationalen, unparteiischen Jury gegen die anderen Kandidaten durchsetzen. Trotzdem meinen manche, dass ich kein offizieller Mr. Leather Poland bin und sie daher gar nicht vertrete. Sie betrachten meinen Vorgänger daher immer noch als den offiziellen Titelträger und daher gibt es angeblich zurzeit zwei Mr. Leather Poland. Trotzdem suche mit ihnen weiterhin den Dialog. Und: Ich bin zweifellos der richtige Titelträger!

BOX: Puh, das alles hört sich echt schlimm an! Lohnt sich denn dieser Titel für dich, wenn er mit so viel Stress und Streit verbunden ist?
Sanky: Ich finde es toll, so viele Leute kennen lernen zu dürfen und auch Teil einer großartigen internationalen Lederfamilie zu sein. Nach meiner Wahl habe ich von überall auf der Welt die freundlichsten Gratulationen und Grüße erhalten – sogar aus Alaska, Australien und Chile, von Leuten, die ich nicht mal kannte! Ich hatte früher geglaubt, eine öffentliche Person zu sein, aber eigentlich war das fast nichts im Vergleich!  Natürlich kommt mit dem Titel eine gewisse Verantwortung, aber auch eine Menge neue Chancen. Und ich habe von so vielen Leuten so viel Kraft gewonnen! Ja, es lohnt sich definitiv!

BOX: Und was willst du in deinem Titeljahr noch schaffen?
Sanky: Es gibt wirklich eine ganze Liste von Sachen, die mir wichtig sind, aber ganz oben steht, wie gesagt, der Dialog mit Anderen. Wenn ich schon dabei bin, mit verschiedenen Leuten zu reden, könnte ich dann auch endlich einen offiziellen Kalender von Fetischevents in Polen erstellen. Außerdem würde ich gern einen internationalen „Fetish Camp“ organisieren, wie wir hier in Polen bereits zweimal gemacht haben. Ich finde es auch sehr wichtig, ein gesundes Leben in der Community zu promoten und natürlich sind die Menschenrechte nicht wegzudenken. Es gibt jetzt auch sehr viele Einladungen überall auf der Welt. Ich hoffe, ich werde aber ganz viele von euch Lesern am Folsom Berlin bei der polnischen Bierparty in der Reizbar am 9. September um 16 Uhr sehen.

BOX: Wie steht dein Partner zu deinen Plänen und dem Titeljahr?
Sanky: *lacht* Mein Partner! Ich glaube, das hier ist ihm alles zu viel, denn er steht echt gar nicht auf Leder. Er näht es zwar gerne für Modezwecke, will es aber selber nicht tragen! Gleich nach meiner Wahl hat es ihn etwas erdrückt, dass ich plötzlich mit so vielen Leuten reden musste-wollte und im Mittelpunkt stand, besonders wenn die Kerle attraktiv waren. Und dann kamen die so genannten „Schärpenjäger“ dazu! Ganz ehrlich, es ist mir nicht immer einfach, weil wir in der Hinsicht aus verschiedenen Welten kommen und es gibt leider momentan zwischen uns viel Streit. Aber ich glaube, das passiert auch anderen Titelträgern aus denselben Gründen und ist bestimmt nichts Neues!

BOX: Danke für das Interview, Sanky! Hast du etwas zum Schluss, dass du der Leather Community in Deutschland mitteilen möchtest?
Sanky: Ich habe immer ein Faible für die Deutschen gehabt und war mal früher vom Kopf bis Fuß in einen verliebt, den ich in Berlin kennen gelernt hatte! Aber das war mal und es ist wichtig, die Vergangenheit auch ruhen zu lassen.   Für uns in Polen symbolisiert Deutschland die Freiheit und für viele von uns ist die Fahrt nach Deutschland ein schöner Ersatz für unseren restriktiven Alltag. Daher bitte ich euch, uns in unserem Kampf für die Freiheit in Polen zu unterstützen, indem ihr unsere Fetisch-Events besucht oder sogar euch bei uns in der Community aktiv einsetzt. Mich findet ihr auf Facebook, wenn ihr mehr erfahren wollt, was genau ihr tun könnt.