30 Jahre „Schampanja“

Schampanja – die Mutti des Bermudadreiecks
Köln: Als Frank Wazinski das Schampanja 1985 zusammen mit seinem damaligen Freund eröffnete, wollte er eigentlich nur einen Job, der ihn nicht vollends anödete, sein Studium finanzierte und bei dem er möglichst laut »The Cure« hören konnte. Heute ist die Bar eine Institution der schwulen Szene in Köln und hatte in dreißig Jahren nicht einen Tag geschlossen.
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Es gab die Bar im Mauritiuswall 43 schon, bevor man das Viertel Bermudadreieck nannte. Bevor Claus Vinçon und Stephan Runge in ihrem Lied »Köln – der geilste Arsch der Welt«  das Viertel und seine Bars besangen mit »Hier geht man gern verloren«. Seit der Eröffnung am 22. August 1985 hatte die Bar jeden Tag geöffnet. „Nur einmal hätte das fast nicht geklappt“, erzählt Frank, der nach wie vor kein Handy besitzt, „eine Aushilfe war krank geworden und hatte per Fax abgesagt. Aber mein Faxgerät war damals kaputt, also bekam ich die Nachricht nicht. Nur durch Zufall bin ich am Laden vorbeigeradelt und habe gesehen, dass kein Licht brannte – da habe ich eben selber aufgemacht.“ In dreißig Jahren nicht einen Tag geschlossen, allein das verdient Respekt.
Die Geschichten, die sich um das Schampanja ranken, sind so unterschiedlich wie das Publikum der Bar. So waren einmal die Pet Shop Boys zu Gast, wurden aber stundenlang nicht erkannt. Rosa von Praunheim erwähnt die Bar in seiner Biografie, zugegeben nicht sehr löblich, denn einer der Barmänner hatte sich geweigert, ihn zu bedienen, nachdem er Alfred Biolek und Hape Kerkeling 1991 ohne deren Zustimmung öffentlich geoutet hatte. Boy George kam vorbei und verbrachte viel Zeit auf der Toilette, vermutlich war er beeindruckt von der Kunst. Dass im Laufe der Jahre viele Künstler zu Stammgästen oder Mitarbeitern wurden, hat seine Spuren in dem Lokal hinterlassen. In der Männertoilette schauen »Die drei lustigen zwei Dirty Slip Boys« von der Wand auf das Urinal und dessen Benutzer, gemalt von dem Berliner Künstler David Jäger, der lange im Schampanja gearbeitet hat. Die Damentoilette gestaltete der, heute in New York lebende, Künstler Alan Belcher mit Wortkreationen um Trunkenheit, Sekt und Urin. Auch das heutige Logo hat das Schampanja ihm zu verdanken. Seine Kunst führt immer mal wieder amerikanische Touristen in die Bar, die dann mit ihren Kunstreiseführern vor der Theke stehen und den Barkeeper ängstlich fragen „May we have a look in the ladies room?“
In den ersten Jahren nach der Eröffnung existierte noch die überregional bekannte schwule Disko Pimpernel, viele Gäste trafen sich damals im Schampanja, um später ins Pimpernel weiterzuziehen. „Der Laden war jeden Abend brechend voll. Und wir haben einfach unsere Macht ausgenutzt und zwei Stunden lang nur Sachen von »The Cure«, »Echo and the Bunnymen« und »Joy Division« gespielt. Oft in kompletter Dunkelheit, nur das Licht der Musikanlage leuchtete. Die Leute sind trotzdem geblieben. Wir haben das als pädagogische Maßnahme gesehen, denn im Pimpanel wurden nicht mal die neuen Stücke von »Depeche Mode« gespielt“, erzählt Frank. Heute gibt es keine Musikvorführungen im Dunkeln mehr, das Musikrepertoire unterscheidet sich jedoch immer noch ganz wesentlich von den umliegenden Bars, in denen Charts, Schlager und Elektro-Pop vorherrschen. „Ich höre ja oft, wir seien eine schwule Independent Bar, vielleicht ist das auch so, aber ich will mich da nicht in eine Schublade stecken lassen. Wir spielen eben Fehlfarben« und »Kylie Minogue«.“
Das amerikanische Schwulenmagazins »Out« setzte das Schampanja 2013 auf die Liste der „200 besten schwulen Bars der Welt“. Insgesamt sind nur fünf deutsche Bars auf der Liste vertreten, das Schampanja ist die einzige Kölner Bar. „Es fühlt sich so an, als hätten sich Einrichtung und Dekoration seit den 80ern nicht verändert“, schreibt das Magazin in seiner Begründung. Das liegt wohl vor allem daran, dass es eben genauso ist. „Ich habe mir einen Laden geschaffen, in den ich selber gerne gehe“, meint Frank, „was sollte ich daran ändern?“. So ist die Einrichtung seit der Eröffnung fast unverändert, nur das Fenster und der Fußboden wurden erneuert, was aber nicht dazu führte, dass der Laden in dieser Zeit geschlossen wurde. „Wir haben einfach weiter Skat gespielt, als das Fenster ausgetauscht wurde. Und als der Boden erneuert wurde, mussten die Gäste eben aufpassen nicht zwischen die Balken zu treten“.
Schampanja
Das Schampanja ist ein verschrobenes, musikalisches Kleinod, ein Ort für ein Bier, ein Platz zum Verlieben und sicherlich einer der ausschlaggebenden Gründe, dass es das Bermudadreieck in Köln überhaupt gibt.
Schampanja, Mauritiuswall 43, 50676 Köln
Hier einige Bilder von der großartigen Geburtstagsfeier:

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