Interview: Erik Tenberken

Neben Erik Tenberken ist der Geschäftsführer der Aidshilfe Köln Michael Schumacher (l) Olaf Lonczewski (r) Leiter der Verwaltung der Aidshilfe Köln zu sehen. (Bild und Text: js)

Erik Tenberken (auf dem Bild Mitte) ist Inhaber der Kölner Birkenapotheke und Westgate Apotheke und der Versandapotheke Fliegende Pillen und einer der Hauptsponsoren der AIDS-Hilfe Köln.

Neben Erik Tenberken ist der Geschäftsführer der Aidshilfe Köln Michael Schumacher (l) Olaf Lonczewski (r) Leiter der Verwaltung der Aidshilfe Köln zu sehen. (Bild und Text: js)
Neben Erik Tenberken ist der Geschäftsführer der Aidshilfe Köln Michael Schumacher (l) Olaf Lonczewski (r) Leiter der Verwaltung der Aidshilfe Köln zu sehen. (Bild und Text: js)

BOX: Erik, du bist sicher einer der bekannteren Apotheker in Köln. Bist du eigentlich „in einer Apotheke großgeworden?“
Erik: Überhaupt nicht – es gab nur einen entfernten Onkel, der eine Apotheke in Bonn führte.
Eigentlich wollte ich ja Biologe werden, und darauf habe ich hin gearbeitet. Aber nach 2 Semestern Biologie in Köln musste ich feststellen, dass dies damals – Anfang der 80er – programmierte Arbeitslosigkeit war. So habe ich dann zur Pharmazie in Bonn gewechselt. Mit dem Studium musste ich mich dann erstmal anfreunden, aber man kann sich glücklicherweise auf der Basis des Studiums seine Arbeit selber gestalten.

BOX: Du hast die Birkenapotheke in einer Zeit übernommen, als das Thema Aids noch sehr angstbesetzt war, da insbesondere die Übertragungswege und das zu Beginn noch nicht sehr umfangreiche Wissen viele Menschen verunsichert hat. Warum hast du dich in diesem Themenfeld engagiert?
Erik: Als ich 1993 die Birkenapotheke eröffnet hatte, wollte ich unbedingt einen Beitrag leisten, um die Aidskrise, wie sie damals zu Recht genannt wurde, für Positive und an Aids-Erkrankte zu mildern. Ich hatte mit ansehen müssen, wie viele meiner Freunde wirklich sehr qualvoll an den Folgen von Aids gestorben sind. Es war eine ganz schlimme Erfahrung für mich, mit ansehen zu müssen, wie Freunde so schrecklich starben, ohne wirklich etwas tun zu können. Viele dieser Bilder gehen mir bis heute nicht aus dem Kopf.
Und ich hoffte, dass ich als Apotheker etwas beitragen kann. In einem Gespräch sagte mir der damalige Geschäftsführer der Aidshilfe Köln, Georg Roth: „Du hast eine Apotheke! Das Beste, was du machen kannst, ist dort ein Angebot für Menschen mit HIV und Aids zu etablieren, von dem alle profitieren.“
In der damaligen Zeit, in der Ausgrenzung und Stigmatisierung  von Positiven noch viel sichtbarer war, war das sicherlich ein wichtiger Hinweis für mich.

BOX: …und was hast du mit diesem Vorschlag gemacht?
Erik: Nun, ich habe mir überlegt, dass es gut ist, wenn eine Apotheke sich auf ein solches Krankheitsbild, wie Aids es damals war, spezialisiert. Leider wurde man damals dafür auch von Kollegen schräg angesehen. „Wenn der sich mit dem Dreck abgibt, muss er wohl selbst infiziert sein“ war noch das Netteste.
Es gab ja noch nicht die hochwirksamen Kombinationstherapien, es gab ja erst mal lediglich gegen alle möglichen opportunistischen Infektionen, die in der Folge der Aids-Erkrankung und des geschwächten Immunsystems auftraten, unterschiedliche Medikamente. Wenn ich daran denke, dass damals die Lungenentzündung ein großes Thema war, oder das Kaposi Syndrom, das Menschen so sichtbar entstellte, dass sie nicht mehr vor die Tür gingen. Es gab massive Erkrankungen unterschiedlichster Art, und wir haben versucht dafür, soweit das möglich war, eine Medikation bereit zu halten, die helfen konnte.

BOX: Ihr habt damals auch mit dem Spezialpflegedienst von SchwIPS zusammen gearbeitet?
Erik: Ja klar! Die Pflege in einer Zeit ohne wirksame HIV-Medikamente stellte besondere Anforderungen der Versorgung, und „normale“ Pflegedienste waren oft überfordert, oder hatten schlicht Ängste. In Zusammenarbeit mit dem Pflegedienst haben wir Lösungen für die Behandlung gefunden, die so damals als Standard gar nicht zu bekommen waren. Das fing bei Infusionen an und endete bei der Ernährungsberatung, für die ich mich ebenfalls engagiert habe.

BOX: Es hat sich viel verändert, wie merkst du das in deiner Arbeit?
Erik: Nicht nur bei Aids hat sich in der Medizin eine Menge verändert. Wir Apotheker helfen dabei mit, passende Lösungen für medizinische Veränderungen und neue Erkenntnisse zu finden. Auch die modernen Kombinations-Therapien gegen HIV sind nicht immer völlig komplikationslos. Gerade die richtige Behandlung der Nebenwirkungen hilft vielen Positiven sehr. Na ja, dann sind aktuell sexuell übertragbare Erkrankungen und ihre Behandlung ein Thema geworden, es gibt die ersten Medikamente, gegen die Menschen Resistenzen entwickelt haben, die einfach nicht mehr funktionieren.
Die HIV-Medikamente sind teuer und immer wieder ein Feld für Menschen, die sich auf Kosten von Positiven bereichern wollen. Wir schauen in unseren Apotheken sehr genau darauf, dass wir keine nachgemachten oder Medikamente unklarer Qualität herausgeben. Und seit die Medikamente immer höhere Preise erreichen, machen Kriminelle mit Fälschungen exorbitante Gewinne.  Auch in der DAH2KA e.V. * arbeiten wir mit einem Herkunftssicherstellungsbogen, um die Fälschungen rechtzeitig zu erkennen.
Die steigenden Ansprüche der Patienten und der sich stetig ändernde Gesundheitsmarkt waren immer Antrieb, uns weiter zu entwickeln, so sind die Fliegenden  Pillen entstanden, um unseren Kunden eine preiswerte und qualitative Internetapotheke anbieten zu können.
Das Blister-Zentrum Kölsche Blister wurde nach der Anfrage eines Heimbetreibers erstellt,  der die Qualität der Medikamentenversorgung verbessern wollte. Daraus wiederum entstand die Idee, diese Unterstützung der Adhärenz für die Positiven zu nutzen, um die regelmäßige Einnahme ihrer Medikamente zu erleichtern.
Information und Beratung sind für die meisten Patientinnen und Patienten in der Apotheke die wichtigsten Aspekte.  Zum Thema HIV und Aids, aber zu sexuell übertragbaren Erkrankungen, schulen sich meine Mitarbeiter/innen regelmäßig und wir geben einen selber erstellten Newsletter zusätzlich monatlich heraus.

BOX: Bereust du, dass du mit deinen Apotheken eine solche Spezialisierung vorangetrieben hast?
Erik: Nein! Ich wollte meinen Beitrag leisten, auch aus Dankbarkeit, dass ich in den Tagen, als es wenig Informationen gab, selber durch befreundete Ärzte frühzeitig umfassend beraten worden bin. Ich wollte daher etwas für die Menschen tun, die sich mit ihrer Gesundheit besonders genau auseinandersetzen müssen. Ich freue mich, dass die unterschiedlichen Angebote so gut angenommen werden. Und ich unterstütze jedes Jahr die Aidshilfe Köln bei ihrer Arbeit, aber auch den KLuST, seit vielen Jahren den Come-Together-Cup und andere. Ich bin nicht der große Vereinsmensch. So kann ich manchmal besser hinter den Kulissen helfen.

BOX: Bei der Aids Gala, an den Welt-Aids-Tagen und vielen anderen Veranstaltungen engagierst du dich mit deinen Betrieben. Du spendest regelmäßig große Summen?
Erik: Ja.

BOX: Die Aidshilfe Köln hat mich vor einigen Jahren zum Ehrenmitglied ernannt und ich bin in den Beirat berufen worden. Über diese Anerkennung habe ich mich wirklich sehr gefreut und war auch ein bisschen stolz.
Erik: Die Empfehlung von Georg Roth war damals sicherlich die richtige, und so werde ich auch weiterhin in diesem Themenfeld für die Menschen aktiv sein. (js)                              * Deutsche Arbeitsgemeinschaft HIV und Hepatitis Kompetenter Apotheken e.V.

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