Berlin: Am Freitag, dem 13. November 2015, findet das 25 jährige HAFEN-Jubiläum statt. Und die Eröffnung war auch an einem Freitag, dem 13. November 1990. Und schon in der ersten der 9120 Nächte konnte man sehen, Berlin verändert sich, das Nachtleben verändert sich und auch die schwule Szene verändert sich.
Ulrich Simontowitz vom HAFEN erinnert sich: “Wir waren im Schöneberger Kiez die erste schwule Bar, die ohne Klingel und verdunkelte Fenster geöffnet hatte. Jeder war willkommen und es kamen auch viele, die früher wohl nicht in eine homosexuelle Bar gegangen wären. Und schon sehr bald gab es das Bedürfnis, mit den Nachbarn, den Behörden, der Polizei und der Politik zu sprechen. Und so entstanden einige runde Tische.
Wenn ich heute über das lesbisch-schwule Straßenfest (Motzstraßenfest) gehe, das ohne die sich damals bildende schwule Struktur in Schöneberg niemals entstanden wäre, und ich sehe den Stand der Schwulen und Lesben in der Polizei, dann freue ich mich sehr.
Dieses weltweit größte lesbisch-schwule Straßenfest wäre ohne Manometer, Connection, Toms und natürlich auch HAFEN nicht erfunden worden, geschweige denn auf die Füße gekommen.
Am Anfang waren wir zu fünft: Antje – die jetzt mit ihrer Familie in England lebt. Heiko – dieser kreative Freigeist, der mit seiner Modearbeit immer zwischen London und Berlin pendelte. Der wunderbare Künstler Peter Knoch – der einige schöne Spuren in Berlin hinterlassen hat, so auch unseren Holzschnitt und die Deckenmalerei. Schauspieler Victor Schefé – der im neuen James Bond mitspielt. Und ich.
Im Rahmen meiner Tätigkeit als Schauspieler und Regisseur gründete ich das “Robert Walser – Ensemble Berlin”. In dem sowohl Peter Knoch, Victor Schefé, Andreas Stadler, Johannes Steinbrückner und viele mehr mitarbeiteten. Johannes wurde auch mein Geschäftspartner im HAFEN und wir haben 18 Jahre lang gut zusammen gearbeitet.
Es herrscht eine ungemein kreative Energie im HAFEN. So haben wir den Königinnentag nach Berlin geholt und unsere Königin Crille Fritz wird am 30. April ihr 20 jähriges HAFEN-Thronjubiläum feiern können. Und jedes Jahr eine neue Robe. Was für eine Sammlung!”
“Hendryk Ekdahl brachte aus England vor bald 12 Jahren das “QUIZZ-O-RAMA” in den HAFEN. Jeden Montag 20 neue Fragen, zwei Songs und musikalische Gast-Auftritte. Dann ist da Hendryks begnadeter Partner-in-Crime Basty Pagel, Komponist und Musikproduzent, der mit mir unter wechselnden DJ Namen, u.a. als “Stern und Sternchen” bei der Filmnacht, auf den großen Partys im HAFEN auflegt.
Wir haben gut gemischte, wunderbare Gäste. Alter spielt kaum eine Rolle. Alle möglichen Berufe, was auch sehr schön ausdrückt, wie sich schwule Biografien in den letzten 25 Jahren gewandelt haben. Tim Fischer, Andreja Schneider und die Geschwister Pfister, Ades Zabel, Gloria Viagra, Uli Heissig, Emilia, Malediva, Melissa sind geschätzte Gäste, die auch schon öfter im HAFEN aufgetreten sind. DJ Boris, jetzt Resident DJ im Berghain, der 5 Jahre lange jeden Donnerstag im HAFEN aufgelegt hat, wird zum Jubiläum bei uns vorbeischauen. Sun Jamo, der schon seit einiger Zeit jeden Sonntag einen wunderbaren Einklang in die Woche zaubert. Die Schlagernacht im HAFEN “Ein Schiff wird kommen” mit DJ DerMicha. Ein Abend des ungezügelten Frohsinns.
“PLANET HAFEN” – mit DJ Martin Möchtegern. Und so viele mehr.
2002 sind wir im Rahmen der Andy Warhol Ausstellung mit Unterstützung der Neuen Nationalgalerie und Frau Sixt mit drei afrikanischen Elefanten, oben drauf Andy, Truman and Jacky O, wie weiland Bianca Jagger im Studio 54 in New York, durch unseren schwulen Kiez geritten, und danach war diese besondere, beseelte Andy Warhol Nacht.
Wir haben bis heute ein hervorragendes Team. Leute die für längere Zeit im HAFEN arbeiten, und somit Kontinuität und Ruhe in diese vitale Bar bringen.
Es gibt diese Idee eine Dokumentation zu veröffentlichen, in der die Leute vorgestellt werden, die von allen fünf Kontinenten eine Zeit in Berlin und im HAFEN verbracht haben, um dann wieder weiter zu ziehen. Der kreative Yushi aus Istanbul zum Beispiel, der sich jetzt zwischen Sao Paulo und Berlin bewegt. Pete, der aus Irland kam und nach Australien ausgewandert ist. Und die wunderbare “Wolle”, die aus Neubrandenburg im Hafen auftauchte und jetzt in Brasilien lebt. Und dann sind da noch Richard, der attraktive, feinfühlige Poet, der leider viel zu früh von uns gegangen ist. Ingo, der jetzt als Kurator in den Deichtorhallen arbeitet.
Und die vielen Gäste, die immer wieder die Atmosphäre im HAFEN mit geprägt haben. Chantal, die uns am Herzen liegt und ganz schön nerven kann. Isa Genzken, die manche Turbulenzen ausgelöst hat. Ian McKellen, der zur Zeit der Herr der Ringe Premiere in Berlin an zwei Abenden im HAFEN saß und ein ausgesprochen angenehmer Gast war, der immer herzlich willkommen sein wird. Die außergewöhnliche Sängerin Melissa, die in einem Interview der Peking Rundschau so liebevoll von Ihren Auftritten im HAFEN berichtet hat. Portishead, die nach einem Konzert in Berlin eine rauschende Partynacht im HAFEN verbracht haben. Andy Bell, Martin Gore, Marc Almond….. um nach 25 Jahren auch ein paar prominente Namen an Deck zu holen. Und natürlich Nan Goldin, die heimlich Fotos im HAFEN gemacht hat.
Als ich vor einigen Jahren in New York im Whitney Museum die Ausstellung der amerikanischen Kunst im 20. Jahrhundert anschaute, kam ich in einen Raum und da hing wie ein Altarbild: ein Foto vom HAFEN. Ich war erstaunt und glücklich.
Der HAFEN taucht in einem Theaterstück von Klaus Chatten für’s Gorki Theater auf, in einem Roman und in vielen Reisebeschreibungen. Er hat auf diesem Weg seine Spuren hinterlassen, und wir freuen uns schon auf die nächste 1001 Nacht in unserem kleinen impulsiven Hafen.